Antike Bauernschränke & Bauernkästen
Jeder unserer antiken Bauernschränke und Bauernkästen ist ein Unikat, das in Handarbeit mit einfachen Hilfsmitteln gefertigt wurde. Geschnitzt, bemalt oder schlicht: es kommt ganz auf die eigene Präferenz und den Raum an, ob ein prunkvoller Bauernschrank oder ein schlichter Bauernkasten richtig ist. Dieser kann mit seiner großen Schaufront Blickfang im Raum sein oder sich in ein Ensemble einfügen, ohne seine Einzigartigkeit aufzugeben. Es handelt sich um antike Bauernschränke und Bauernkästen aus Österreich.
Bezeichnung Bauernschrank bzw. Bauernkasten
Die Bezeichnung Kasten bzw. Schrank hat mit dem regionalen Sprachgebrauch zu tun. Sagt man im Westen und Norden eher Bauernschrank, so spricht man im Osten und Süden eher vom Bauernkasten. Ist das antike Möbel prunkvoll, wird eher vom Bauernschrank, ist es schlichter, wird eher vom Bauernkasten gesprochen. Letztendlich gibt es keine Kriterien, die über die Bezeichnung entscheiden.
Die Entstehung des Bauernkastens
Der Schrank entwickelt sich im Mittelalter einerseits aus 2 übereinandergestellten Truhen und andererseits aus dem Türverschluss von Mauernischen zu einem aufrecht stehenden Verwahrmöbel aus Holz.
Im 16. Jhd. taucht der Begriff „Almer“, lat. armarium, auf. Es ist ein Vorratsschrank. Die ältesten Formen sind schmal, haben nur eine Tür und stehen auf ihren tragenden Seiten. Spätere Almer sind größer , haben eine oder zwei seitliche Ladenreihen, eventuell auch eine zweite Tür. Die Form des Almers hielt sich bis ins 19. Jhd.
Kleider- und Wäscheschränke werden im 17. Jhd. bestätigt und drängen die bis dahin gebräuchliche Gewandtruhe zurück.
Der Bauernschrank als Ausstattungsmöbel und Hochzeitsschrank
Die Bauernschränke erlangen im 18. Jhd. als Herzstück der Ausstattungsmöbel ihre große Bedeutung. Heiratete eine Bauerstochter, bekam sie von ihrer Herkunftsfamilie zum Einstand Bauernmöbel geschenkt, die im Besitz der Bäuerin blieben. Der Bauernschrank als Hochzeitsschrank ist Verwahrmöbel für kostbare Tuchballen, Wäsche und verschiedene wohl zu hütende Andenken und Kostbarkeiten. Das Hochzeitsgut wurde in einem offenen Wagen gebracht und den Dorfbewohnern zur Schau gestellt. Nicht immer sind bei Hochzeiten neue Bauernmöbel ins Haus gekommen. Es wurden auch vorhandene Bauernmöbel übermalt. Die Hochzeitsmöbel bekamen ihren Platz in der Schlafkammer oder Oberen Stube bzw. Hohen Stube im Obergeschoss. Dort standen die repräsentativen Bauernmöbel.
Der Umfang der geschenkten Bauernmöbel und deren Niveau an Handwerkskunst ließen auf den Reichtum der Familie schließen. Bauernkasten, Bauerntruhe, Bauernsessel, Bett, Kommode oder Wiege wurden mit Inschriften, Initialen, Jahreszahl und Dekor versehen. Der Bauernschrank mit seiner großen Schaufront wird zur zentralen Bildwand im Raum.
Prunkvolle Bauernmöbel standen nicht nur am wohlhabenden Bauernhof, sondern auch in Pfarrhöfen oder in den Häusern angesehener Bürger.
Der Bauernkasten aus Österreich
Die Regionen entwickelten sich unterschiedlich und so auch die Art zu leben und zu wohnen. Äussere Einflüsse waren die Hofform, die Art der Beheizung, die Verkehrsanbindung, die Topografie, die Nähe zu Schlössern und Klöstern und kulturellen Zentren, die Religion, wie auch die Umstände wie lange die Region von Krieg verschont blieb und wie erfolgreich Bauernaufstände waren. All das prägte die Mentalität der Menschen, entschied über materiellen und geistigen Aufstieg und beeinflusste deren Ausdrucksformen.
Im Rauchstubenhaus, das in der Steiermark, Kärnten und Osttirol, verbreitet war, gab es aufgrund der Rauchbildung und Rußablagerung lange keine verzierten Bauernmöbel. Dort, wo die Küche von einer rauchfrei beheizten Stube getrennt war, verbreiteten sich die bemalten und beschnitzten Bauernmöbel früh.
Der bemalte und geschnitzte Bauernschrank
Es dienten die Möbel der Hochkultur als Vorbild. Zu teures Material und aufwändige Einlegearbeit wurden durch Ersatztechniken imitiert, sodass eigenständige Dekortechniken entstanden. Eine Schablone wurde aus Papier, Blech oder Holz geschnitten und diente zum Auftragen der Motive oder ausgesägte Ornamente wurden auf den Bauernkasten aufgebracht.
Der Bauernschrank aus dem 17. Jhd. zeigt sich in einem begrenzten Farbkanon von 2 bis 3 Farben in einem vorwiegend zeichnerischen, ornamentalen Duktus angewandt, der einen Renaissancecharakter nachahmte. Heraldische Motive waren beliebt. Der Bauernschrank wurde mit Schnitztechniken wie Ritzen, Kerbschnitt und Punzierungen bearbeitet. Malereien wurden mit aufgeklebten Holzschnittblättern oder Stichen vorgetäuscht. Der Bauernkasten dieser Zeit weist eine stark architektonische Gliederung auf.
In der Hochblüte des Bauernmöbels, von Mitte 18. Jhd. bis Mitte 19. Jhd., wurden die Bauernschränke heller und farbenprächtiger und deckend bemalt. Florale und figurative Motive, Landschaften, Tiere, religiöse Symbole, Initialen, Jahreszahlen, geschichtliche Ereignisse schmücken den Bauernkasten. Die vier Felder eines zweitürigen Bauernschrankes boten sich zur Darstellung der 4 Jahreszeiten, der 4 Evangelisten, der 4 Erdteile, der 4 Kardinaltugenden an.
Es kristallisieren sich kleinlandschaftliche Formensprachen heraus, die jeweils aus dem gleichen Farbkanon und der gleichen Motivwahl schöpfen und im Gesamtbild übereinstimmen, sodass die Bauernschränke dem Ort, dem Tal, der Werkstatt zuordenbar sind. Solche Orte finden wir in Oberösterreich, Tirol und Salzkammergut, wo sich zweifellos stilistische Übereinkünfte herausgebildet haben.
Der einzige Tischler-Maler, der signierte, war Georg Praitwieser ( Praitwiser, Preitwieser, Breitwieser), 1768 – 1849, auch „Tischler in Moos“ genannt aus Offenhausen (OÖ), der sich in seinen gemalten Spruchbändern namentlich auf dem Bauernschrank einfügte.
Bauernkästen aus katholischen Regionen zeigen andere Darstellungen als Bauernschränke aus protestantischen. Im katholischen Umfeld finden wir Heiligendarstellungen, Wahlfahrtsmadonnen, Marienkrönung etc., protestantische Auftraggeber wählten Szenen aus der Bibel oder Bibelsprüche. Erwähnenswert sind die kräftig grün bemalten Bauernschränke des Zillertals, die aus dem protestantischen Umfeld stammen.
Nach 1800 wird die Bemalung der Bauernschränke volkstümlich. Naturalistische Darstellungen im Floralen wie Figurativen und biedermeierliche Genremalerei herrschen vor, die Bauernschränke werden nicht mehr so farbenprächtig bemalt, Oberflächenimitationen kommen wieder zurück.
Die Prunkfreude in Tirol und Pinzgau zeigt sich am reichhaltigen Schnitzdekor. Die beschnitzten Bauernschränke hatten ihre kleinräumigen Übereinstimmungen in Konstruktion und Motivwahl des Schmuckwerks. Die Schnitzereien sind äußerst plastische gearbeitet und zeugen von hoher Handwerkskunst.
Die Konstruktion des Bauernkastens
Die Konstruktion beeinflusst den Schmuck des Bauernkastens. Besteht die Kastentür aus einem Brett wie beim Almer, wird sie höchstens durch vorgeblendete Leisten verziert. Leisten, die als Rahmen, Gesims und Sockel dem Bauernkasten Gliederung verleihen. Eine konstruktive Felderung erlangt die Tür durch das Zusammenfügen von Rahmen und Füllung. Je älter und schlichter der Bauernschrank, desto reiner hebt sich die Konstruktion hervor.
Der Bauernschrank als Stollenschrank, Seitstollenschrank bzw. Standseitenkasten steht auf drei tragenden Seiten. Die Verbindung der Seitenstollen mit der Vorderwand erfolgt durch Holznägel. Ist der Bauernkasten ein Sockelschrank ist er, wie die Bauerntruhe, von seinem Untersatz abhebbar. Der Bauernschrank kann auch auf gedrechselten Laibchen bzw. Scheiben oder Füßen stehen. Jene Schrankkörper sind verzinkt und werden in einen Boden eingesetzt. Den oberen Abschluss des Bauernschrankes bildet das Gesims bzw. der Kranz. Die Konstruktion eines Bauernschrankes gibt Auskunft über sein Alter.