Antike Bauerntruhen

Jede antike Truhe ist ein Einzelstück, das in Handarbeit vorrangig aus Weichholz gefertigt wurde. Ob bemalte oder geschnitzte Bauerntruhe oder schlichte Bauerntruhe ohne Zierrat, immer haben wir es mit Bauerntruhen hoher Handwerkskunst zu tun. Ist eine Bauerntruhe für einen besonderen Anlass geschaffen worden, braucht sie Raum, um zur Geltung zu kommen. Bauerntruhen des täglichen Gebrauchs sind kleiner und schlichter, verfügen aber ebenso über die einzigartige Ausstrahlung. Es handelt sich um antike Bauerntruhen aus Österreich.

Die Entstehung der Bauerntruhe

Die Bauerntruhe ist der älteste bewegliche Einrichtungsgegenstand des bäuerlichen Hauswesens und das verbreitetste Behältermöbel. Die Frühform der Bauerntruhe geht im bäuerlichen Milieu bis ins 14. Jhd. zurück, sie wurde aus Baumstämmen herausgehauen, der Deckel war ein einziges Brett, das mit einem Holzzapfenscharnier befestigt war. Diese Truhe trägt keine stilistischen Merkmale, die zeitliche Einordnung erfolgt nach dem Schlägerungsjahr bzw. nach Inventarlisten. Dort ist diese ursprüngliche Truhe als Getreide-, Salz- oder Futtertrog verzeichnet. Truhen dieser Art standen in Vorratskammern und Speichern. Auf den Bauernhöfen gab es mehrere davon, sie wurden vom Bauern gefertigt. Diese wuchtigen, trogartigen Truhen werden Einbaumtruhen genannt.

Die Konstruktion der Bauerntruhe

Um die Haltbarkeit des Holzes zu erhöhen und um die Lebensmittel vor Feuchtigkeit und Mäusen zu schützen, wurde der Korpus der Truhe vom Boden abgehoben und auf Füße(Stollen) gestellt. Je nach tragenden Konstruktionsteilen werden Stollentruhen in Eck-, Seit- oder Frontalstollentruhen unterteilt. Es tragen entweder die 4 Pfosten, die Seitenhäupter oder die Vorder- bzw. Rückfront. Solche Bauerntruhen  waren ebenfalls Vorratsbehältnisse für Getreide, Salz, Mehl. Der Verfertigter, bei Vorratstruhen vorrangig der Bauer, machte sich die Erfahrungen vom Hausbau zunutze, baute die Truhe aus mehreren Teilen zusammen. Es wurde genutet, mit Holznägeln befestigt, mit Dübeln verbunden, neben dem Beil kam auch der Hobel zur Anwendung. Der Deckel der Truhe ist durch einen Holzzapfen mit dem Korpus verbunden, hat die Form eines Satteldaches, was die Bezeichnung „Dachstollentruhe“ eingebracht hat und wurde im Laufe der Zeit zu einem flachen Deckel. Aufgrund der hohen Funktionalität und Dauerhaftigkeit wurde diese Bauerntruhe bis ins 18. Jhd. hergestellt. Sie trägt einfache geometrische Verzierungen durch Ritzdekor, Kerbschnitt oder Flachschnitzerei. Farben werden selten verwendet; spärlich werden Rötelfarbe und Schwärzung in den Vertiefungen der Schnitzereien eingesetzt.

Die bemalte und geschnitzte antike Truhe

Neben der schmucklosen Gebrauchstruhe entwickelte sich die verzierte Prunktruhe, die vom Tischler hergestellt wurde. Bis ins 17. Jhd. werden vorrangig architektonische Stilelemente auf die Vorderfront der repräsentativen Truhe aufgebracht. Die Gliederung dieser Bauerntruhe in 2 Bogenfelder mit Arkaden und Pilastern, Lisenen, Halbsäulen, ornamentalen Verzierungen, Einlegearbeiten bzw. Scheinintarsien, durch ausgesägte Zierteile oder durch Schablonenmalerei erzielt, sind typische Zierformen.

Die antike Bauerntruhe wurde häufig im Rahmenbau gefertigt. Nicht selten wurde die Rahmenbauweise durch aufgeblendete Profilleisten vorgetäuscht.

Die frühen Farben sind gedämpft und werden in einem geringen Palettenumfang verwendet. Schwarz und grün sind vorherrschend. Im konstruktiven Aufbau der antiken Truhe etabliert sich die Sockeltruhe. Der Sockel dient keinem praktischen Zweck, sondern wird durch Zierat zum Schmuckträger, kann fest oder lose mit dem Truhenkörper verbunden sein.

Die Bauerntruhe wird zum Kammermöbel und steht hauptsächlich in der Stube im oberen Stock bzw. in den Schlafkammern.

Die Barockzeit ist die Blütezeit des repräsentativen Möbels, so auch der reich geschmückten Bauerntruhe. Die Dreifeldertruhe ist die Truhe der Barockzeit. Das Mittelfeld wird gerne betont, dort sitzt auch das Schloss. Die Bemalung wird farbenfroh, florale und figurative Motive zieren die Schauseite der Bauerntruhe. Der Farbkanon der bemalten Bauernmöbel wird Mitte 19. Jhd. stark eingeschränkt und zielt auf die Imitation des bürgerlichen Möbels ab.

Die Bauerntruhe aus Österreich

Mit zunehmender Zierfreude entstehen typische kleinlandschaftliche Stile von geschnitzten und bemalten Bauerntruhen. Sie heben sich durch charakteristische Merkmale voneinander ab, lassen sich Regionen und auch Werkstätten zuschreiben, sind aber nicht signiert.

So sind oberösterreichische Bauerntruhen aufgrund von bestimmten Stilmerkmalen in der Bemalung den Regionen St. Florian, Linz, Lambach, Hirschbach, Gunskirchen, Kronstorf, Eferding  zuordenbar. In Tirol gibt es typische Kennzeichen für verschiedene Täler wie z. B. dem Alpbachtal, Zillertal, Sarntal. Auch bestimmte Motive im Schnitzdekor deuten auf die Herkunft hin. Beschnitzte Bauerntruhen Tirols sind eindeutig dem Oberinntal oder Gaadenertal zurechenbar oder die reich geschnitzten Salzburger Bauernmöbeln dem Pinzgau.

Es generierten sich Truhenbezeichnungen. So stammt die Aposteltruhe – eine Truhe mit 12 bzw. 13 Rundbögen – aus Kärnten oder der Steiermark. Die Vorderfront der Eferdinger Spreißeltruhe zeigt eine kleine Felderung durch aufgeblendete Leisten, hat ein V-förmiges Mittelfeld mit dem Schlüsselblech, ist geschmückt mit Rosetten, Wirbelrädern und Zirkelschlagmotiven, hat dumpfe Farben. Die Linzer Reitertruhe oder Pandurentruhe, die im Mittelfeld einen Stich mit Reitern oder Soldaten aufgetragen hat. Die Sideltruhe oder Siedeltruhe ist eine Truhe, die auch zum Sitzen gedacht war und eine schwenkbare Sitzlehne hat.

Kleine Truhen sind Behältnisse für Geld, Dokumente, Wertgegenstände wie Schmuck und persönliche Kostbarkeiten. Aufgrund ihres wertvollen Inhalts sind diese kleinformatigen Truhen besonders geschmückt und verschlossen. Der Beschlag hat nicht nur schützende, sondern auch dekorative Funktion. Aufwändig verzierte kleine Schatullen waren Minnegaben.

Einfache Koffertruhen brauchten Inhaber wandernder und fahrender Berufe wie Fuhrleute, Saisonarbeiter, Händler, Musikanten, Handwerker und Dienstboten für ihre Habe.

Die Bauerntruhe als Ausstattungsmöbel und Hochzeitstruhe

Neben dem Bauernschrank ist die Bauerntruhe wichtiges Ausstattungsmöbel für die Braut. Wertvolle Leinenvorräte werden dort untergebracht, wie auch Gewand, Schmuckstücke und andere Besitztümer. Die kleinen Kostbarkeiten wurden in der großen seitlichen Beilade oder in den kleinen Laden an der Truhenrückwand verwahrt. Für das Geld wurde meist ein Geheimfach überlegt. Die Bauerntruhe als Hochzeitstruhe ist mit Name, Jahreszahl, Symbolen der Liebe und Treue und Blumenmotiven geschmückt. Nachdatierungen kommen regelmäßig vor, wenn eine vorhandene Bauerntruhe als Brautsteuer verwendet wurde. Das Ausstattungsmöbel bleibt im Besitz der Bäuerin. Der Wohlstand der Herkunftsfamilie lässt sich am Maß ihrer Auszier ablesen. Das gefertigte Bauernmöbel verbleibt grundsätzlich in der unmittelbaren Region, eine größere Streuung wird durch wanderndes Heiratsgut erzielt.

Waren Bauerntruhe und Bauernschrank im 18. Jhd. noch gleichrangig, gab die Bauerntruhe im 19. Jhd. ihren hohen Stellenwert mehr und mehr an den Bauernschrank ab. Der Bauernkasten übernimmt die Funktion als Verwahrmöbel für Gewand, Wäsche, Spitzen, Geschirr und Kostbarkeiten. Die Bauerntruhe behält ihre Repräsentationsfunktion.

Der Farbkanon der bemalten Bauernmöbel wird Mitte 19. Jhd. stark eingeschränkt und zielt auf die Imitation des bürgerlichen Möbels ab.